Morgen

Jederzeit ablegen
und in See stechen
können.

Schöne Worte und
poetische Illusionen
retten uns nicht.













Nationalpark Donauauen, Haslau, 29.09.2019

bremsen

Bremse ich für die alte Dame, die die Straße überqueren möchte
oder überlasse ich dies den Fahrzeugen nach mir?

#ökologie

Regen

Flacher und flüchtiger wird
die Wahrnehmung bei Regen.

Nur die Kontraste sind geringer
und die Farben weniger akzentuiert.

Im Übrigen ist die Welt ebenso
voll wie bei Sonne und sonst.












28.09.2019

Cranes | Ausweichmanöver

Der abendliche Anhub 

der Personenschiffahrt

veranlasst die Reiher

vom Ufer Freudenau

stromaufwärts nach 

Westen zu 

fliegen über 

drei Autobahnen 

und über

fünf Brücken 

hinweg 

um bei Floridsdorf

Ruhe zu suchen.

Aufnahmen: Marina Freudenau, 24.09.2019

Text: 27.09.2019

Tag des Earth Strike in Wien

Kalfatern

Neben dem grünen Kran
ist das rot-blaue Boot aufgebockt.
Mit Pinseln und allerlei Farben
wird der Rumpf winterfest gemacht.

Die vier alten Männer
arbeiten, reden und rauchen
als wären sie alleine auf der Welt.
Die Dämmerung sinkt herab.








Marina Freudenau, 25.09.2019

Paradiesvögel

Sie suchen Paradiesvögel und
wollen selbst schillernd, bunt
und glänzend sein.

Ich bleibe bei den Krähen
und bin froh darob.










Donau, Pagode, 24.09.2019

Werkausgaben

Werkausgaben als Frühbestattung von lebenden AutorInnen.

Werkausgaben unmittelbar post mortem. - 

GermanistInnen als ständig kreisende Geier
unter hohem Konkurrenzdruck:
Selbstlauf des derzeitigen Neopositivismus,
der sich auch in den Digital Humanities manifestiert.

September

Du schlüpfst in den September wie
in ein Jackett mit Seidenfutter
knisternder Kühle.

Wie jedes Jahr
ist es
zu eng.





Wien, 24.09.2019

Herbst mit Mantis

Schattenlos bei Höchststand der Sonne
verwildert der Weinberg zum Waldrand
die hellen Beeren prall wie der Leib der
Mantis religiosa kurz vor Eiablage an
der Mauer des ins Aprikosenspalier
geschmiegten Hauses hinter
Feigen und Rosmarin sind die
Gebetsfahnen bereits bleich.






Brunn a. Gebirge, 22.09.2019

riverside

das Licht
der Fluss
der Wind

kristallin
glitzernd
nordwest








Nationalpark Donauauen, 22.09.2019

Wissen von einander

Der Installateur, der den Blick wegwendet.
Der Apotheker, der verschwörerisch grüsst.
Der Schlosser bringt sich in der Kraftkammer in Erinnerung.
Die Zeitungsfrau möchte beim Sport nich erkannt werden.
Die Bäckerin in der Apotheke winkt.

Der Schriftsteller lässt sich am Viktualienmarkt beim Philosophieren beobachten.
Der Nachbar von gegenüber gibt sich im Supermarkt konzentriert.
Der Dirigent von nebenan blickt in der U-Bahn über die Köpfe der Leute hinweg.
Der Theaterdirektor spielt seine große Rolle auch bei der Bäckerin und
bedauert seine Bekanntheit sichtlich, wenn er trainiert.

So geht es in unserem Bezirk
und in dem Dorf, in dem wir,
voneinander wissend, leben
und täglich neu entscheiden, ob wir
einander grüßen oder nicht.







Wien, Leopoldstadt, 20.09.2019

Statusverlust

Sie referiere nur,
sagt die Journalistin,
dass die syrische Akademikerin
es als Statusverlust empfinde,
wenn sie in Österreich putzen müsse.

Die Journalistin
spricht im Radio von ihrem
neuen Buch und von ihrer
neuen Karriere als
linksliberale Politikerin.

Es wird geklatscht.

Clubkultur, museal

"Dance of Urgency" im Wiener Q21, "No Fotos on the Dancefloor" in der Schirn: Die Clubkultur der 90er Jahre wird offensichtlich museal.

Quellen:

• Christian Arndt: Electronic Germany. DJs, Klänge, Clubkultur. Edel Books 2019
• Florian Fricke: Von Tiflis bis Berlin: Techno wird wieder politisch. Zündfunk Generator, 30.06.2019
• Felix Denk: Die Wirtschaft der Techno-Szene. Arbeiten in einer subkulturellen Ökonomie, Springer 2017
• Sven von Thülen: Der Klang der Familie – Berlin, Techno und die Wende, Suhrkamp, 2014
• Tobias Rapp: Lost and Sound - Berlin, Techno und der Easyjetset, Suhrkamp 2009
• Club Transmediale, Meike Jansen (Hg.): Gendertronics. Der Körper in der elektronischen Musik. Suhrkamp 2005

Now

28 Jahre hyperaktive Literaturpublizistik hatten - wie ich jetzt erkenne - mir den Blick auf die Natur (womöglich gar die Welt?) weitgehend verstellt: Praktisch jedes Phänomen war mit einem Zitat belegt. 

Nun bin ich 5 Jahre "clean" und beginne - endlich - zu sehen, was ist. #now

Marx' Waschsalon