Mittwoch, 11. Mai 2022

Pieris brassicae

 







Großer Kohlweißling (Pieris brassicae), eine Ameise saust auf Hochzeitsflug eilig vorbei. 







Aufnahme: 09.05.2022

















Dienstag, 10. Mai 2022

Zu finden

 

© Chris Zintzen @ panAm productions 2022

© Chris Zintzen @ panAm productions 2022

© Chris Zintzen @ panAm productions 2022




Dem Reiher beim Jagen fotografisch nachstellen, bedeutet bisweilen, sich der Ausdauer des Tieres mimetisch anzuverwandeln. In guten Momenten bedeutet dies: unerschöpfliche Geduld. Doch Vorsicht: Diese Geduld wandelt sich unversehens in Stur- und Starrheit – lass ab, atme aus, wähle einen anderen Blickwinkel. 

In Begleitung des Hundes wirst du ohnehin nicht den raren Moment erfassen können, in welchem die halbstundenlange Phase des Starrens und Lauerns in das jähe Vorschnellen und Zupacken des Beutegreifens umschlägt. Sei's drum! – Indes ist der Vogel erstaunlich tolerant, was die Anwesenheit des Hundes anbelangt: Das Herumplantschen des Vierbeiners im Unkenpfuhl scheint den Reiher kaum zu irritieren. Die sich putzende Ente dahingegen sehr – sie bringt den Jäger wiederholt aus dem Konzept oder stört ihn wiederholt in seinem konzentrierten Lauern. Irritiert wird zur Ente geblickt, ungnädige Miene. 

Was ist ein Ereignis? – Und was gehört erzählt?

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Glück besteht womöglich darin, zu wissen, wo es zu suchen sei – und zu finden. 
Es muss nicht angespart oder aufgehäuft werden, sondern ist – als Potenzial – immer da. 

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Aufnahmen: 09.05.2022










Montag, 9. Mai 2022

da – dort – fort

 

Parus major © Chris zintzen @ panAm productions 2022

Parus major © Chris zintzen @ panAm productions 2022

Parus major © Chris zintzen @ panAm productions 2022





Iris der Kohlmeise (Parus major).













Aufnahme: 12.03.2022, Donauauen.




Dienstag, 3. Mai 2022

Argynnis aglaja

 


Argynnis aglaja © Chris Zintzen @ panAm productions 2022

Argynnis aglaja © Chris Zintzen @ panAm productions 2022



Argynnis aglaja (Speyeria aglaja) oder Großer Perlmuttfalter. Zu erkennen, dass es sich nicht, wie zuvor angenommen, um einen Kaisermantel handelt, macht uns nicht dümmer, aber auch nicht eben klüger. Das Mantra von "Stamm-Klasse-Ordnung-Familie-Gattung-Art", vulgo die Systematik der Biologie bleibt immer sekundär zur Wahrnehmung, kann diese aber vertiefen. 
und: Lenkt den Blick darauf, dass der ersten Einschätzung etwas entgangen ist.

Denn die – tarntechnisch grandiosen – weißen Plaques an der Außenseite der Flügel waren auf den ersten Blick nicht aufgefallen: Erst deren Erkenntnis führt zu neuen Frage- und Suchbewegungen: Individuum oder Species? Zufall oder System?

Mit dem neuen Wort und mit der Einsicht, etwas erstmals als ein eigens Bezeichnetes gefunden zu haben, stehe ich morgen früh nicht leichter auf. – Aber ich gehe um ein kleines Bisschen glücklicher zu Bett: Die Welt ist weiter geworden: Um eine ganze Schmetterlingsflügelspanne weit. 

Zudem kann ich auf dem (unteren) Bild erstmals im Leben einen Schmetterlingssaugrüssel studieren –








03.05.2022


Montag, 2. Mai 2022

the crane, again, and still






Crane hunting / Vienna Wildlife, © Chris Zintzen @ pan Am productions 2022

 

Sag nicht "Unke", wenn du "Reiher" meinst. – Auf dem Wege der verdeckten Ermittlung kommst du immer ans Ziel, da auch das Ziel in der Suchbewegung und im Ereignis des Findens liegt. Es gibt kein anderes Ziel als das, beim Vorgang des Suchens zu lernen. – 

Wozu aber Lernen, wenn nicht für ein weiteres, dahinter liegendes Ziel? Für einen Horizont, der sich hinter dem aktuellen Horizont offenbart? – Das Versprechen der in die Unendlichkeit des atmosphärischen Dunstes gestaffelten Horizonte, wie sie das (christliche) Darstellungsformat der "Arkadischen Landschaft" suggeriert, ist zu prüfen. Die Gewissheit von der Beseeltheit der Welt wird auch von der Romantik eines Novalis als im Fortschreiten zu er-findendes "Neuland" in den Horizont projiziert: Dieser Horizont ist – wie in der Renaissance – diffus und fließend, als könne nur diese besondere Offenheit den Überschwang des beseelten Zustandes fassen. 

Die Konkretion des Hier und Jetzt, die vermeintliche Banalität des Gegenständlichen, das auf den ersten Blick als "bekannt" und "oft gesehen" anmuten mag, will uns zunächst der Illusion des "Surplus" berauben, da wir nur wiedererkennen, statt zu sehen. Die zeichnerische Arbeit "nach der Natur" bedeutet, den zu erfassenden Gegenstand zu studieren und sich ein Stück weit in diesen Gegenstand zu verwandeln, um ihn sozusagen von innen heraus, in seiner physikalisch bedingten Materialität, zu begreifen und zu gestalten. 

Ich erinnere mich an das Scheitern am zeichnerischen Studium einer Zwiebel, die auf besondere Art kein materieller Festkörper (etwa in Form einer Kugel), sondern eine zu körperlicher Festigkeit verdichtete Schichtung von hauchdünnen Membranen ist. Wie Peer Gynt arbeite ich mich an den formgewordenen Häuten ab und verliere dabei das Wesen der Zwiebel, das ich erfassen wollte. 

Vielleicht verhält es sich mit den hintereinander gestaffelten Horizonten ähnlich wie mit den übereinander liegenden Häuten der Zwiebel: Wir gehen von einem zum nächsten und hoffen, hinter der nächsten Horizontlinie oder unter der nächsten Haut befinde sich das "Wesentliche". 
Nie sind wir da, wo wir gerade sind, alles ist vorläufig. – 

Vielleicht bedarf es der Abkehr von dieser Perspektive, die nichts anderes als eine säkulare Variante des christlichen Heilsversprechens ist, um an jenen Punkt zu kommen, von welchem Pema Chödron in großer Radikalität spricht: an einen Punkt jenseits von Furcht und Hoffnung.
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Seit sechs Jahren steigen wir den Reihern nach. Sie finden sich nie, wenn wir absichtlich auf sie aus sind. So haben wir viele neue Bekanntschaften gemacht: Vorige Woche waren es die Elstern, die Schwanzmeisen und die Bachstelzen. Zuvor die Stare und die Falken. Die Wildgänse wurden dies Jahr verpasst, dafür haben wir die Zonen der Nachtigallen entdeckt und – heute – sogar erstmals einen dieser unscheinbaren Vögel im dichten Gestrüpp beobachten können. 

Die alte Dame, Spaziergängerin am Arm ihrer Tochter, übt sich im Pfeifen, gibt aber klein bei, als ihr die verborgene Nachtigall mit einem imitierten Kuckucksruf antwortet (Cuculiformes).

Auf dem Weg zu den Gelbbauchunken kommt mir der Reiher in die Quere: Offenbar haben wir das gleiche Ziel. Da sich Menschenlärm nähert, sind wir sämtlich fort: die Unken wieder unter den Seerosenblättern, der Reiher ins nächste Jagdquartier und auch ich – vielleicht ist auf der Wiese im Norden doch wieder ein Segelfalter anzutreffen?


Wien, den 2. Mai 2022. Das Notieren zu unterlassen, ist keine Lösung.