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Donnerstag, 11. Juli 2024

Theater der Objekte, Ordnung der Phänomene. Zu Christine Ulms Ausstellung „Vom Wurzeln, Grünen, Blühen, Fruchten“ im kunsthaus muerz


 

Christine Ulms Ausstellung „Vom Wurzeln, Grünen, Blühen, Fruchten“ im kunsthaus muerz. Foto © Ivan Bandic


Chris Zintzen: Theater der Objekte, Ordnung der Phänomene.

Zu Christine Ulms Ausstellung „Vom Wurzeln, Grünen, Blühen, Fruchten“ im kunsthaus muerz

 

Mit Fotografien der Ausstellung von Ivan Bandic


                                            Ausstellungstext

                                            kunsthaus muerz

                                             Archiv: C. Ulms Traumstation 2022 


Die Bildhauerin Christine Ulm hat für uns hier im kunsthaus muerz eine künstliche Welt aus natürlichen Dingen und eigenen skulpturalen Objekten zusammengetragen. Die Künstlerin geht mit dieser Inszenierung sozusagen durch die Bücher ihrer über Jahrzehnte zusammengetragenen botanischen Sammlungen. Kontrapunktisch gesetzte und eigene skulpturale Anverwandlungen runden das Bild eines ebenso stetigen wie leisen, immer aber forschenden und sorglichen Dialogs mit den Phänomenen der Welt.

Vorliegende Ausführungen mögen in der Folge etwas konturieren, das man vielleicht nicht auf den ersten Blick sieht: die Diskretion des künstlerischen Gestus. In dieser Diskretion liegt eine besondere Charakteristik von Christine Ulms künstlerischen Verfahren, die den plakativ subjektiven und expressiven Gestus sehr bewusst umgeht. 

 

Metamorphose

Es ist, als würde Christine Ulm mit dieser Schau VOM WURZELN, GRÜNEN, BLÜHEN, FRUCHTEN jener Idee einen Raum geben, die besagt: Die Welt ist vollständig, wir müssen dieser Welt nichts hinzufügen, sondern können die bestehenden Phänomene – am besten in pfleglicher Weise – als Spielmaterial für unser Wahrnehmen, Denken und Ordnen heranziehen. Die Wahrnehmung dieser Vollständigkeit der Naturdinge und das Staunen über deren Perfektion sind durchaus geeignet, die Implikationen nicht nur der eigenen künstlerischen Kreation kritisch zu prüfen: Immanent und konsequent kommunizieren Christine Ulms sorgliche Sammlungen die deutliche Infragestellung der menschlichen Schöpfungshybris vor dem Hintergrund der human verwüsteten Ökosysteme dieser Welt.

Christine Ulm kontert den egozentrisch-lärmenden prometheischen Wahn durch eine künstlerische Wahrnehmung, die allen im Titel genannten Phasen im Lebenslauf einer Pflanze Rechnung trägt, dem WURZELN, GRÜNEN, BLÜHEN und FRUCHTEN. Dies meint „Evolution“ statt „Revolution“ oder gar „Disruption“ (ein Lieblingsbegriff populistischer Polit- und technologischer „Nach-mir-die-Sintflut“-Strategen). Ein solcherart evolutionäres Perspektiv vermag das Prinzip von Veränderung bzw. Verwandlung (Metamorphose) zu integrieren, die jedem Naturding – auch uns selbst – beschieden ist.

Ein derart metamorphischer Ansatz kann auch in der Konzeption und Realisation des eigenen Werks beweglich und flexibel bleiben: Und so hat sich Christine Ulm im Laufe der jüngeren Vergangenheit auf die Inszenierung von temporären Versuchsanordnungen im Rahmen von Ausstellungen spezialisiert.

Indem sie Dinge sammelt und auswählt, präpariert und inszeniert, hat sich die Künstlerin zusehends von der engen Idee des einmaligen, konkreten physischen Werkstücks (vulgo Skulptur oder gar Kunstwerk) emanzipiert, um sich sukzessive einer Form der diskreten Inszenierung mit Aspekten der Sozialen Skulptur zuzuwenden. Solcherart wird aus dem Werk-Stück ein Werk-Raum, der – hier sei eine Begrifflichkeit vorgeschlagen – als Diskretes Theater der Objekte fungiert.

 

Ausstellung als Diskretes Theater der Objekte

Sie werden sich gewiss an die Schau Weitergeben (2021) in diesem Haus erinnern: Damals ordnete die Künstlerin Werkzeuge und andere Gegenstände aus Nachlass und Garten des Vaters in den Ausstellungsräumlichkeiten an. Die künstlerische Geste bestand damals nicht nur in der Auswahl und Anordnung der Objekte, sondern in der Ermunterung an die Ausstellungsbesucher*innen, aus dieser Sammlung nun ihrerseits Objekte auszuwählen – und mit nach Hause zu nehmen. Die Modalität von „Kunst“ besteht in dieser Situation im Gestus und im Vollzug von „Gabe“, „Weitergabe“ und „Geschenk“.

Ähnlich direkt nahm die Künstlerin auf die Ausstellungsbesucher*innen Bezug, als sie 2022 im Wiener Projektraum Mag3 das Environment einer Traumstation arrangierte: Auch in diesem Zusammenhang inszenierte die Künstlerin mit sparsamsten Mitteln – der Positionierung alltäglicher, allerdings künstlerisch diskret präparierter Gebrauchsgegenstände  – einen Traumraum,  welcher die Betrachtenden in deren eigene Fantasiewelt entführte.[1]

Das angesprochene „Leise“ oder „Taktvolle“ dieser Inszenierungen meint einerseits den nachdenklich-kontemplativen oder gar forschend-untersuchenden Zug, der diesen Arrangements innewohnt. Als Auf- und Ausstellung von Gegenständen unter Verzicht auf starke Effekte bleibt dieses „Theater“ ein wohltuend ruhiges: Solcherart mag der von der Künstlerin subtil gestaltete Raum dazu beitragen, neue Räume in der Wahrnehmung der Betrachtenden emergieren zu lassen.

 

Erschließende Subjektivität

Hervorzuheben ist das Bekenntnis der Künstlerin zur Subjektivität – zu einer Subjektivität freilich, die das Wort „ich“ nicht als Besonderheit vermarktet. Christine Ulm bringt die eigene Subjektivität, ihr Erleben und Erinnerung auf einen Punkt, den sie mit uns allen teilt: Berührbarkeit, Belangbarkeit und Sorglichkeit. Auf diese Weise kann Christine Ulm „ich“ sagen und Persönliches zeigen, ohne uns Betrachtende durch Bekenntnishaftigkeit oder Indiskretion zu belasten.

Wenn die Künstlerin in dieser Ausstellung etwa eine von deren Vater im Zuge von Wanderungen aufgenommen Alpen-Blumen als Dia-Serie zeigt, können wir diese „Found Footage“ aus Privatbestand im Sinne eines in seiner Aussagekraft über das nur Private hinausreichenden Dokuments beachten: Das mediale Dokument trägt – darin übrigens den historischen Pflanzenpräparaten verwandt – einen historischen Index, vermag also auch mit seinen motivischen, ästhetischen und medienspezifischen Eigenschaften aussagekräftig zu sein. 

Die Fotografien und Schriften, Aufzeichnungen und Artefakte mögen – als etwas menschlich Gemachtes, Hergestelltes und Fabriziertes – prima Vista eine Differenz zum pflanzlich Gewachsenen, Erblühten oder Gefruchteten aufweisen. Vielleicht aber wäre es allerdings an der Zeit, die überlieferte Opposition von „Natur“ und „Kultur“ zugunsten einer realistischeren und produktiveren Perspektive zu revidieren.

Denn wenn wir beginnen, den Naturcharakter des von uns Hergestellten – nämlich, Objekt von Veränderungsprozessen (Alterung, Korrosion, Zersetzung) zu sein –, ebenso in unser Denken miteinzubeziehen wie die Anerkennung jener „Leistung“, die eine Pflanze im Laufe eines Lebenszyklus‘ vollbringt, würden wir vielleicht nicht so achtlos und ausbeuterisch mit den Naturdingen umgehen und nicht derart fragwürdige und schädliche Dinge produzieren.

 

Christine Ulms Ausstellung „Vom Wurzeln, Grünen, Blühen, Fruchten“ im kunsthaus muerz. Foto © Ivan Bandic

 

Sammlung: Serielle Muster und immanente Kritik

Die über vier Jahrzehnte und drei Klimazonen hinweg aufgelesenen Kollektaneen der Bildhauerin machen den gesellschaftlichen Wert von Kunst als Medium der Welterschließung und -ordnung sinnfällig. Kompetenz entsteht auf dem Wege des systematischen In-den-Blick-Nehmens und des Wahr-Nehmens: Partikel und Phänomene ordnen sich zu Mustern. Ein solches Muster-Bilden und die daraus resultierende Serialität sind von hohem ästhetischem Reiz, erzählen aber auch Geschichten und vermitteln Erkenntnisse. Dies geschieht, wohlgemerkt, nicht laut und spektakulär, sondern diskret, vielstimmig und: in der Wahrnehmung der Betrachtenden.  

Wir kennen Walter Benjamins melancholisches Argument, dass weder Leben, Wissen, Werk noch Sammlung jemals zu einem Ende oder zu einer vollständigen Erfüllung kommen können. Wir wissen aus den Schriften dieses Autors und Kulturphilosophen aber auch, dass Benjamin – selbst leidenschaftlicher Sammler – die Marx’sche Analyse der kapitalistischen Akkumulation wiederholt im Zusammenhang mit dem Thema des Sammelns in seinem Passagen-Werk notierte. Gerade dieses im französischen Exil und in oft verzweifelter Lage entstandene Werk belegt, wie Benjamin den weltwachen und differenzierungsfreudigen Sammlerblick in eine stupende Fähigkeit der Wahrnehmung und Formulierung von Phänomenen transformierte. Die Attitüde des Sammelns gelangte solcherart zu einer besonders geschulten, schöpferischen und philosophischen Fruchtbarkeit. 

Übrigens teilt auch die Künstlerin Christine Ulm die oben angesprochene kritische Wahrnehmung und Reflexion einer in der westlichen Welt längst zerstörerisch gewordenen Überkonsumption an Waren, Ressourcen und „Natur“. Ulms Gegenentwurf liegt hier vor ihnen in den Vitrinen und auf der Hand: Es ist das Sammeln, das Verarbeiten, das Genieß- und Haltbarmachen von allem, was da sprießt und wächst.

 

Kunst und Kochen als Gabe

Denn das Kochen funktioniert ja ein Stück weit wie die Kunst: Wir sammeln und bearbeiten Objekte der äußeren Welt und initiieren eine Verwandlung. So, wie die Kunst Anschaulichkeit produziert und uns zu Erkenntnissen leitet, so geschieht beim Einkochen eine Metamorphose von Fallobst, Wildbeeren, Samen und Stängeln in etwas kulinarisch Schmackhaftes und physiologisch Nahrhaftes. Die Künstlerin als derart kulinarische Zaubernde ist in dieser Schau mittels eines kleinen Kochbuchs sowie in einem Video präsent, das sie bei der Zubereitung von Bitterorangen zeigt. 

 

Aber da ist noch etwas anderes, was Kunstproduktion und Kochen verbindet: So, wie Gekochtes, Verarbeitetes oder haltbar Gemachtes erst durch das Essen und Teilen und Weitergeben Sinn stiftet, genauso vollendet sich eine künstlerische Versuchsanordnung erst durch dessen Betrachterinnen und Betrachter. 

 

In diesem Sinne sei die Ausstellung nun für Sie, werte Anwesende, eröffnet.



[1] Vgl. C. Zintzen: Christine Ulms ‚Traumstation‘ oder: Nachrichten von der Rückseite des Mondes, 22.10.2022, DOI: 10.13140/RG.2.2.33490.43208, https://www.researchgate.net/publication/368477440_Christine_Ulms_Rauminstallation_Traumstation_oder_Nachrichten_von_der_Ruckseite_des_Mondes










Mittwoch, 11. Mai 2022

Pieris brassicae

 







Großer Kohlweißling (Pieris brassicae), eine Ameise saust auf Hochzeitsflug eilig vorbei. 







Aufnahme: 09.05.2022

















Dienstag, 10. Mai 2022

Zu finden

 

© Chris Zintzen @ panAm productions 2022

© Chris Zintzen @ panAm productions 2022

© Chris Zintzen @ panAm productions 2022




Dem Reiher beim Jagen fotografisch nachstellen, bedeutet bisweilen, sich der Ausdauer des Tieres mimetisch anzuverwandeln. In guten Momenten bedeutet dies: unerschöpfliche Geduld. Doch Vorsicht: Diese Geduld wandelt sich unversehens in Stur- und Starrheit – lass ab, atme aus, wähle einen anderen Blickwinkel. 

In Begleitung des Hundes wirst du ohnehin nicht den raren Moment erfassen können, in welchem die halbstundenlange Phase des Starrens und Lauerns in das jähe Vorschnellen und Zupacken des Beutegreifens umschlägt. Sei's drum! – Indes ist der Vogel erstaunlich tolerant, was die Anwesenheit des Hundes anbelangt: Das Herumplantschen des Vierbeiners im Unkenpfuhl scheint den Reiher kaum zu irritieren. Die sich putzende Ente dahingegen sehr – sie bringt den Jäger wiederholt aus dem Konzept oder stört ihn wiederholt in seinem konzentrierten Lauern. Irritiert wird zur Ente geblickt, ungnädige Miene. 

Was ist ein Ereignis? – Und was gehört erzählt?

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Glück besteht womöglich darin, zu wissen, wo es zu suchen sei – und zu finden. 
Es muss nicht angespart oder aufgehäuft werden, sondern ist – als Potenzial – immer da. 

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Aufnahmen: 09.05.2022










Montag, 9. Mai 2022

da – dort – fort

 

Parus major © Chris zintzen @ panAm productions 2022

Parus major © Chris zintzen @ panAm productions 2022

Parus major © Chris zintzen @ panAm productions 2022





Iris der Kohlmeise (Parus major).













Aufnahme: 12.03.2022, Donauauen.




Dienstag, 3. Mai 2022

Argynnis aglaja

 


Argynnis aglaja © Chris Zintzen @ panAm productions 2022

Argynnis aglaja © Chris Zintzen @ panAm productions 2022



Argynnis aglaja (Speyeria aglaja) oder Großer Perlmuttfalter. Zu erkennen, dass es sich nicht, wie zuvor angenommen, um einen Kaisermantel handelt, macht uns nicht dümmer, aber auch nicht eben klüger. Das Mantra von "Stamm-Klasse-Ordnung-Familie-Gattung-Art", vulgo die Systematik der Biologie bleibt immer sekundär zur Wahrnehmung, kann diese aber vertiefen. 
und: Lenkt den Blick darauf, dass der ersten Einschätzung etwas entgangen ist.

Denn die – tarntechnisch grandiosen – weißen Plaques an der Außenseite der Flügel waren auf den ersten Blick nicht aufgefallen: Erst deren Erkenntnis führt zu neuen Frage- und Suchbewegungen: Individuum oder Species? Zufall oder System?

Mit dem neuen Wort und mit der Einsicht, etwas erstmals als ein eigens Bezeichnetes gefunden zu haben, stehe ich morgen früh nicht leichter auf. – Aber ich gehe um ein kleines Bisschen glücklicher zu Bett: Die Welt ist weiter geworden: Um eine ganze Schmetterlingsflügelspanne weit. 

Zudem kann ich auf dem (unteren) Bild erstmals im Leben einen Schmetterlingssaugrüssel studieren –








03.05.2022


Montag, 2. Mai 2022

the crane, again, and still






Crane hunting / Vienna Wildlife, © Chris Zintzen @ pan Am productions 2022

 

Sag nicht "Unke", wenn du "Reiher" meinst. – Auf dem Wege der verdeckten Ermittlung kommst du immer ans Ziel, da auch das Ziel in der Suchbewegung und im Ereignis des Findens liegt. Es gibt kein anderes Ziel als das, beim Vorgang des Suchens zu lernen. – 

Wozu aber Lernen, wenn nicht für ein weiteres, dahinter liegendes Ziel? Für einen Horizont, der sich hinter dem aktuellen Horizont offenbart? – Das Versprechen der in die Unendlichkeit des atmosphärischen Dunstes gestaffelten Horizonte, wie sie das (christliche) Darstellungsformat der "Arkadischen Landschaft" suggeriert, ist zu prüfen. Die Gewissheit von der Beseeltheit der Welt wird auch von der Romantik eines Novalis als im Fortschreiten zu er-findendes "Neuland" in den Horizont projiziert: Dieser Horizont ist – wie in der Renaissance – diffus und fließend, als könne nur diese besondere Offenheit den Überschwang des beseelten Zustandes fassen. 

Die Konkretion des Hier und Jetzt, die vermeintliche Banalität des Gegenständlichen, das auf den ersten Blick als "bekannt" und "oft gesehen" anmuten mag, will uns zunächst der Illusion des "Surplus" berauben, da wir nur wiedererkennen, statt zu sehen. Die zeichnerische Arbeit "nach der Natur" bedeutet, den zu erfassenden Gegenstand zu studieren und sich ein Stück weit in diesen Gegenstand zu verwandeln, um ihn sozusagen von innen heraus, in seiner physikalisch bedingten Materialität, zu begreifen und zu gestalten. 

Ich erinnere mich an das Scheitern am zeichnerischen Studium einer Zwiebel, die auf besondere Art kein materieller Festkörper (etwa in Form einer Kugel), sondern eine zu körperlicher Festigkeit verdichtete Schichtung von hauchdünnen Membranen ist. Wie Peer Gynt arbeite ich mich an den formgewordenen Häuten ab und verliere dabei das Wesen der Zwiebel, das ich erfassen wollte. 

Vielleicht verhält es sich mit den hintereinander gestaffelten Horizonten ähnlich wie mit den übereinander liegenden Häuten der Zwiebel: Wir gehen von einem zum nächsten und hoffen, hinter der nächsten Horizontlinie oder unter der nächsten Haut befinde sich das "Wesentliche". 
Nie sind wir da, wo wir gerade sind, alles ist vorläufig. – 

Vielleicht bedarf es der Abkehr von dieser Perspektive, die nichts anderes als eine säkulare Variante des christlichen Heilsversprechens ist, um an jenen Punkt zu kommen, von welchem Pema Chödron in großer Radikalität spricht: an einen Punkt jenseits von Furcht und Hoffnung.
____

Seit sechs Jahren steigen wir den Reihern nach. Sie finden sich nie, wenn wir absichtlich auf sie aus sind. So haben wir viele neue Bekanntschaften gemacht: Vorige Woche waren es die Elstern, die Schwanzmeisen und die Bachstelzen. Zuvor die Stare und die Falken. Die Wildgänse wurden dies Jahr verpasst, dafür haben wir die Zonen der Nachtigallen entdeckt und – heute – sogar erstmals einen dieser unscheinbaren Vögel im dichten Gestrüpp beobachten können. 

Die alte Dame, Spaziergängerin am Arm ihrer Tochter, übt sich im Pfeifen, gibt aber klein bei, als ihr die verborgene Nachtigall mit einem imitierten Kuckucksruf antwortet (Cuculiformes).

Auf dem Weg zu den Gelbbauchunken kommt mir der Reiher in die Quere: Offenbar haben wir das gleiche Ziel. Da sich Menschenlärm nähert, sind wir sämtlich fort: die Unken wieder unter den Seerosenblättern, der Reiher ins nächste Jagdquartier und auch ich – vielleicht ist auf der Wiese im Norden doch wieder ein Segelfalter anzutreffen?


Wien, den 2. Mai 2022. Das Notieren zu unterlassen, ist keine Lösung. 












Freitag, 19. Oktober 2018

⧆ Sursum Corda | Doves @ UNO-City, Vienna ⧆



⧆ Sursum Corda | Doves @ UNO-City, Vienna ⧆ Chris Zintzen | panAm productions




||| Geoloc: UNO-City, Wien
Zentrum der EU-Ratpräsidentschaft Österreichs
Aufnahmen 18.10.2018

Donnerstag, 9. August 2018

Latibulus argiolus | Kuckucksei ⟐ Survival Research Laboratories

EDIT: Womöglich Polistes dominula, Gallische Feldwespe, KEIN Parasit.


Chris Zintzen | panAm productions


Latibulus argiolus ist ein Hautflügler aus der Familie der Schlupfwespen (Ichneumonidae). Die Art ist auch unter dem Synonym Endurus argiolus bekannt.
Die Art parasitiert unter anderem an der Gallischen Feldwespe (Polistes dominula). Sie lauert dabei in Nestnähe auf eine Gelegenheit zum Eindringen und legt dann innerhalb weniger Sekunden ein Ei in eine Zelle. 

Beachte: Konstruktion / "Aufhängung" der Beine.
Siehe auch: Ameisenforum

||| Geoloc
Nationalpark Donauauen
Aufnahme 28.07.2018
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Dienstag, 31. Juli 2018

Hitlers Bienentränke: Der Donau-Oder-Kanal

Im Sehen Denken lernen



Chris Zintzen | panAm productions

Im Sehen Denken lernen


Das versumpfte und unter Naturschutz stehende Biotop von Abschnitt II des Donau-Oder- bzw. einstigen Adolf-Hitler-Kanals vereint zwei kulturtopologisch bedeutsame Motive:

1. Die Renaturierung von Topografien der Gewalt

  • Motivkomponente a: Mohn auf dem Soldatengrab (⇨ Besuch am Mohn | Papaver rhoeas)
  • Motivkomponente b: Überwucherung von ehemaligen Schlachtfeldern (mehr als 50.000 Tote bei der Schlacht von Aspern)
  • Motivkomponente c: Gras über eine Sache wachsen lassen

2. Die Renaturierung von einstigen Arealen avancierter zivilisatorisch-technischer Kultur

  • Motivkomponente a: Ruine
  • Motivkomponente b: Urbex
  • Motivkomponente c: Schicksal des Artemis-Tempels in Selcuk/Ephesos.

✩✩✩✩✩

Für mich von besonderem Interesse ist an diesem Ort das Motiv der Biene, die ausnahmsweise nicht im Kontext von Fruchtbarkeit (Diana, Ephesos) steht oder im üblichen Zusammenhang mit Blumen und Blüten erscheint.

Vielmehr begegnet sie uns an diesem ebenso realen wie hoch symbolischen Ort in jener Gestalt, die Ovid in seinen "Metamorphosen" anführt, nämlich als Wesen, das aus der Verwesung anderen Lebens entsteht (Bugonie).

Die Überlieferungslinien von Naturbeobachtung (Bienen, speziell aber Wespen auf Fleisch) und Sprachetymologie ("Apis", der heilige Stier | "apis", die Biene) kreuzen und überlagern einander in solchen Denk-Szenarien.

✩✩✩✩✩

Ich denke, wir lernen an dieser Stelle etwas über die Strukturen von kulturierter Wahrnehmung ebenso wie über die Musterbildung im affektiven Denken: Es gilt, Abschied zu nehmen von der Ablenkung und Abschied zu nehmen von der Fiktion.


✩✩✩✩✩

||| Geoloc
Nationalpark Donau-Auen
Aufnahme: 28.07.2018
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Sonntag, 29. Juli 2018

Libelle | Mimikry ⟐ Survival Research Laboratories

One picture - two resolutions.


Chris Zintzen | panAm productions



||| Geoloc
Nationalpark Donauauen


Aufnahme: 28.07.2018

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