Dienstag, 31. Juli 2018

Hitlers Bienentränke: Der Donau-Oder-Kanal

Im Sehen Denken lernen



Chris Zintzen | panAm productions

Im Sehen Denken lernen


Das versumpfte und unter Naturschutz stehende Biotop von Abschnitt II des Donau-Oder- bzw. einstigen Adolf-Hitler-Kanals vereint zwei kulturtopologisch bedeutsame Motive:

1. Die Renaturierung von Topografien der Gewalt

  • Motivkomponente a: Mohn auf dem Soldatengrab (⇨ Besuch am Mohn | Papaver rhoeas)
  • Motivkomponente b: Überwucherung von ehemaligen Schlachtfeldern (mehr als 50.000 Tote bei der Schlacht von Aspern)
  • Motivkomponente c: Gras über eine Sache wachsen lassen

2. Die Renaturierung von einstigen Arealen avancierter zivilisatorisch-technischer Kultur

  • Motivkomponente a: Ruine
  • Motivkomponente b: Urbex
  • Motivkomponente c: Schicksal des Artemis-Tempels in Selcuk/Ephesos.

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Für mich von besonderem Interesse ist an diesem Ort das Motiv der Biene, die ausnahmsweise nicht im Kontext von Fruchtbarkeit (Diana, Ephesos) steht oder im üblichen Zusammenhang mit Blumen und Blüten erscheint.

Vielmehr begegnet sie uns an diesem ebenso realen wie hoch symbolischen Ort in jener Gestalt, die Ovid in seinen "Metamorphosen" anführt, nämlich als Wesen, das aus der Verwesung anderen Lebens entsteht (Bugonie).

Die Überlieferungslinien von Naturbeobachtung (Bienen, speziell aber Wespen auf Fleisch) und Sprachetymologie ("Apis", der heilige Stier | "apis", die Biene) kreuzen und überlagern einander in solchen Denk-Szenarien.

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Ich denke, wir lernen an dieser Stelle etwas über die Strukturen von kulturierter Wahrnehmung ebenso wie über die Musterbildung im affektiven Denken: Es gilt, Abschied zu nehmen von der Ablenkung und Abschied zu nehmen von der Fiktion.


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||| Geoloc
Nationalpark Donau-Auen
Aufnahme: 28.07.2018
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