Tintorettos "Susanna im Bade" (um 1555/1556), fotografiert im Kunsthistorischen Museum Wien im Rahmen meines Projekts "Bildnerische Arbeit über museale Räume und Objekte in Wien" am 13. Januar 2003. Dies belegen die mit dem Kunsthistorischen Museum und dem ihm angeschlossenen Ephesos-Museum, später auch mit dem Naturhistorischen Museum und dem Josephinum abgeschlossenen "Verträge über Foto- Film- und Videoaufnahmen", die mir jeweils zweistündige Fotografiergenehmigungen an Schließtagen (unter Aufsicht durch das Personal) gewährten.
Die analoge Fotografie (Kleinbild, Olympus OM2 Baujahr 1972, leicht ramponiert) brachte - bei Belichtungszeiten von bis zu vier Sekunden - wenig repräsentative oder dekorative Bilder hervor. Allerdings: Die Kamera ist für mich kein Abbildungsinstrument. Die Kamera ist mir Sehhilfe, Forschungsinstrument und Notizapparat für Details, die mich interessieren und für Situationen, die ich gegenwärtig halten möchte.
Mit der - speziell bei Naturlicht - tiefenscharfen Analogkamera kommt man der Physikalität der Gemälde näher, ihrer Machart und Gemachtheit (Poietik), ihrer Materialästhetik und ihrer physischen Befindlichkeit im (Ausstellungs-)Raum.
So etwa bringt die radikale Untersicht auf das historische Ölgemälde die Stratigraphie der Lasuren ans Licht, akzentuiert die charakteristische Gilbung, verweist auf die Abfolge der Motivsetzung (Birken!).
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Natursymbolik: Enten (Treue), Birken (Jugend?), Elster (Diebstahl, Verrat, Fama) |
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Die biblische Erzählung der "Susanna im Bade" als Inbild einer Frau, über die (von Männern) verfügt und gerichtet wird, die den äußeren Grenzverletzungen lediglich ihr Ethos, ihre Prinzipien, ihre Treue und ihre Standhaftigkeit entgegenzusetzen vermag und die dessen ungeachtet weiterhin Objekt von Begierden und Projektionen bleibt, erfährt in Tintorettos Gemälde eine ebenso hinterlistige wie ambivalente Entfaltung.
Die Dramaturgie von Objekt- und Natursymbolik fordert und fördert den Blick auf Einzelheiten, deren Detailstudium die Wahrnehmung des Gemäldes in einen fortschreitenden Erkundungsprozess verwandelt und damit in eine faszinierende Reise.
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Im Zuge einer solchen Wahrnehmungsreise durch den Kosmos eines Gemäldes, seines anekdotischen (Fabel, Szene, Anekdote, Mythologie) Raumes und seiner vielfältigen Aspekte des Gemachtseins | Poietik (Komposition, Technik, Textur) erlebe ich ein solches Werk als Welt, deren Grenzen und Limina ich durch die Dokumentation des Rahmens und durch die An- und Einspielung des umgebenden (Museums) Raums integriere.
So etwa faszinieren mich die oft bezugnehmenden Sonderrahmungen von Gemälden, die ihrerseits Interpretationsmarker liefern. Oder aber die Räumlichkeiten des Kunsthistorischen Museums, dessen historische Wandbespannungen uns ihrerseits ein Wahrnehmungsdispositiv spiegeln und die ihrerseits Fehlerhaftigkeiten, Staub, Patina als Niederschlag verrinnender Zeitläufte angenommen haben.
Wahrnehmung als Weltdeutung, Wahrnehmung als Reise und als ständiges Exerzitium des Differenzierens: In diesem Unterwegssein beheimate ich mich.
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Frauenbild: Köpfchen im Kindchenschema, zartes Händchen und proportionskorrekt kleines Füßchen. |
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Kunsthistorisches Museum
1010 Wien
Aufnahmen 2003 01 13
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